Interview mit Benjamin Weber von den DSZ Rechtsanwälten
Im Rahmen der Zukunftswoche Mainfranken greifen die IHK Würzburg-Schweinfurt und das Deutsche Stiftungszentrum das Thema "Verantwortungseigentum" auf. Das gemeinsame Webinar "Unternehmen in Verantwortungseigentum, Stiftungen und Co." am 3. Mai 2022 stellt Möglichkeiten und Rechtsformen für Unternehmen vor, die das Gemeinwohl fördern und helfen, gemeinnützige Unternehmensziele zu verwirklichen. Dazu ist in "Wirtschaft in Mainfranken: Das Magazin der IHK Würzburg-Schweinfurt" ein Interview mit Benjamin Weber von den DSZ Rechtsanwälten erschienen. Darin gibt er einen Überblick über die neu geplante Rechtsform "Gesellschaft mit gebundenem Vermögen", insbesondere in Abgrenzung zu Unternehmensstiftungen und gemeinnützigen GmbHs.
Herr Weber, was genau versteht man unter Verantwortungseigentum und was ist ein Unternehmen mit gebundenem Vermögen?
Der Begriff Verantwortungseigentum bedeutet nach der Initiatorin dieses Begriffs, der Stiftung Verantwortungseigentum e.V., dass die Gesellschafter einer GmbH nur das Eigentum an der Unternehmensverantwortung, den Stimmrechten und damit der Kontrolle, halten. Dagegen soll ein Zugriff auf das Unternehmensvermögen und etwaige Gewinnausschüttungen durch die Gesellschafter ausgeschlossen sein. Vielmehr sollen alle finanziellen Mittel der dauerhaften Zweckverwirklichung der Unternehmung zur Verfügung stehen.
Da der ursprüngliche Begriff "Verantwortungseigentum" viel Kritik erfahren hat, spricht der überarbeitete Gesetzesentwurf nunmehr von einer Gesellschaft, deren Vermögen dauerhaft gebunden ist und die in ihrer Firma die Zusatzbezeichnung "mit gebundenem Vermögen" oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieses Zusatzes trägt. Beide Begriffe beschreiben die Idee, im GmbHG eine Gesellschaft zu verankern, die in Abgrenzung zur bisherigen GmbH eine dauerhafte Vermögensbindung schafft, die ausschließen soll, dass die Gesellschafter der GmbH ihre Kapitalanteile zurück- oder etwaige Gewinnausschüttungen erhalten. Hierdurch soll das Gesellschaftsvermögen dauerhaft im Rahmen eines verantwortlichen Unternehmertums dem Allgemeinwohl zur Verfügung stehen. Hierbei soll der Gesellschafterkreis dauerhaft auf bestimmte Personen beschränkt sein.
Ist bereits abzusehen, wann die geplante Rechtsform eingeführt wird?
Nachdem der ursprüngliche Gesetzesentwurf des Stiftung Verantwortungseigentum e.V. vom 12. Juni 2020 viel Kritik erfahren hat, haben die Beteiligten Ende 2021 einen überarbeiteten Gesetzesentwurf vorgelegt. Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung findet sich die neue Gesellschaftsform wieder. Ob und wann diese Einzug in die parlamentarische Gesetzgebungsdiskussion findet, ist zum aktuellen Zeitpunkt offen.
Warum braucht es eine zusätzliche Rechtsform? Was ist der Unterschied zu einer Stiftung oder gemeinnützigen GmbH?
Ob es tatsächlich einer zusätzlichen Rechtsform bedarf, wird vielfach angezweifelt. Bereits heute existiert mit der Stiftung bürgerlichen Rechts ein Instrument, mit dem das auf sie übertragene (Unternehmens-) Vermögen dauerhaft gebunden werden kann. Hier sind verschiedene Modelle denkbar wie das Einzelstiftungsmodell oder das Doppelstiftungsmodell.
Eine gemeinnützige GmbH erfüllt als "normale" GmbH die Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts, das heißt, sie dient ausschließlich und unmittelbar einem gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck. Die Gewinne einer solchen GmbH sind folglich für diese Zwecke zu verwenden, weswegen die gGmbH wie eine steuerbegünstigte Stiftung umfassende steuerliche Privilegierungen genießt.
Allerdings kann die Satzung einer gGmbH dahingehend geändert werden, dass der allgemeinwohldienliche Zweck auf einen anderen (gewinnorientierten) Zweck geändert wird. In diesem Fall entfallen die steuerlichen Erleichterungen der gGmbH für die vorangegangenen zehn Jahre. Nach dem Gesetzesentwurf zur GmbH-gebV soll hier eine solche Änderung des Satzungszwecks nicht möglich sein. Im Gegensatz zu steuerbegünstigten Stiftungen oder GmbHs unterfällt die GmbH-gebV grundsätzlich keiner steuerlichen Privilegierung und ist damit sowohl ertrags-, umsatz- als auch schenkungs- und erbschaftsteuerlich einer voll steuerpflichtigen Körperschaft gleichgestellt.
Die Forderung nach dieser Rechtsform kommt auch aus der Start-up-Szene. Würde sich die Gesellschaftsform besonders bei der Gründung eines Unternehmen eignen und eine Stiftungslösung bei der Unternehmensnachfolge?
In der Start-up-Szene ist häufig eine Situation gegeben, in der sehr gute Ideen auf ein überschaubares Maß an Startkapital treffen. Aus diesem Grund werden in der Start-up-Szene häufig Unternehmergesellschaften, sogenannte Ein-Euro-GmbHs, gegründet. Diese "kleinen" GmbHs schaffen als Kapitalgesellschaften auf der einen Seite die notwendige Haftungsbeschränkung für die beteiligten Gesellschafter und zum anderen die Möglichkeit, über die Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft durch das zuständige Finanzamt alle möglichen steuerlichen Privilegien zu erhalten.
Insgesamt beobachten wir bei Unternehmern der neuen Generation den Trend, dass sie hier und heute ihre (allgemeinwohlfördernden) Ideen umsetzen wollen und nicht den Anspruch haben, etwas für die Ewigkeit zu schaffen. Insoweit ist nach unserer Erfahrung der Wunsch nach einer Ewigkeitslösung, ob im Rahmen einer Stiftung oder (perspektivisch) einer GmbH-gebV, nicht so sehr verbreitet wie bei den bereits etablierten Unternehmerinnen und Unternehmern.
Welche Möglichkeiten und Vorteile bietet es, ein Unternehmen in Verantwortungseigentum zu gründen?
Ein Vorteil der GmbH-gebV – basierend auf dem vorgelegten Gesetzesentwurf – ist sicherlich die dauerhafte Bindung des Eigentums sowie die generationenübergreifende Unternehmensnachfolge.
Das Bedürfnis nach derartig langfristigen Bindungen kann auch in der Wirtschaft beobachtet werden, wenn große Unternehmen wie beispielsweise Bosch oder Zeiss eine Stiftungslösung wählen, um ihr Unternehmen dauerhaft zu sichern und die fortdauernde Zwecksetzung zu garantieren. Soweit Start-ups und/oder mittelständische Betriebe nach einer nachhaltigen Unternehmenslösung suchen, nicht aber über die erforderlichen Mittel für eine Stiftungslösung verfügen, stellt die GmbH-gebV eine mögliche Ewigkeitslösung dar. Gleichzeitig könnte die GmbH-gebV eine nachhaltige, allgemeinwohlfördernde Vermögensbindung schaffen, die gleichzeitig durch ihre steuerliche Gleichstellung zu anderen Kapitalgesellschaften dem Staat potenziell mehr Steuern einbringen würde als ausschließlich steuerbegünstigte Körperschaften.