
S&S: Lieber Erich Steinsdörfer, wir haben uns vor vielen Jahren bei der gemeinsamen Tätigkeit für die Stifterberatung und Stiftungsverwaltung des Stifterverbandes kennengelernt und auch danach in verschiedenen Funktionen immer wieder zusammengearbeitet. Im Februar 2023 ziehst Du Dich aus dem aktiven Berufsleben zurück – Zeit für eine Bestandsaufnahme. Heute ist das Deutsche Stiftungszentrum das Dienstleistungszentrum des Stifterverbandes für Stifterinnen, Stifter und Stiftungen. Wie kam es zu seiner Gründung? Und wie hat sich das DSZ – insbesondere unter deiner Führung – entwickelt?
Steinsdörfer: In den 1950er-Jahren begann der Stifterverband sich mit Stiftungen ernsthaft zu beschäftigen und wurde Treuhänder einer ersten Stiftung. Damals wurden Jahr für Jahr bundesweit nur rund zwei Dutzend rechtsfähige Stiftungen errichtet. Mit dem wirtschaftlichen Wiederaufstieg Deutschlands und dem damit verbundenen Aufbau privaten Vermögens in den 1960er-Jahren wuchs bei Mitgliedern und Förderern des Stifterverbandes der Bedarf, eigene Stiftungsinitiativen zu entwickeln, um nicht nur Wissenschaft und Bildung – die vornehmlichen Zwecke des Stifterverbandes – zu fördern, sondern auch andere gemeinnützige Zwecke. In der Folge unterstützte der Stifterverband Stiftungsvorhaben mit seiner Expertise und seinem Netzwerk – und leistete damit einen wichtigen Beitrag zur Förderung des Stiftungswesens. Denn damals fehlte es oft an Erfahrung und Praxis, so dass Stiftungsvorhaben nicht selten an den zahlreichen rechtlichen und steuerlichen Hürden zu scheitern drohten. Ab den 1970er- und insbesondere in den 1980er-Jahren nahm dann die Zahl der Stiftungen deutlich zu. Als ich 1986 im Stifterverband anfing, verwalteten wir 124 Stiftungen, heute sind es mehr als 670. Das betreute Stiftungsvermögen hat sich in meinen 37 Dienstjahren verzehnfacht – von 322 Millionen Euro auf heute über 3 Milliarden Euro. Und von einer kleinen Abteilung im Stifterverband hat sich das DSZ zu einer eigenständigen Organisation – weiterhin aber unter dem Dach des Stifterverbandes – mit heute mehr als 100 Mitarbeitenden entwickelt.