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Hans-Kilian-Preis 2015 geht an Jessica R. Benjamin

31.03.2016

Die Köhler-Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft spricht den mit 80.000 Euro dotierten Hans-Kilian-Preis zur Erforschung und Förderung der metakulturellen Humanisation der amerikanischen Psychoanalytikerin Jessica Rachel Benjamin zu.

Der internationale Forschungspreis würdigt exzellente Leistungen von Personen, die neue Einsichten in die geschichtliche und kulturelle Existenz des Menschen und seine veränderliche Psyche vermittelt haben. Der erste Preisträger im Jahr 2011 war der Kulturwissenschaftler Hartmut Böhme, der zweite Preisträger war 2013 der Soziologe und Sozialtheoretiker Hans Joas.

Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben Benannt ist er nach Hans Kilian (1921-2008), der als Ordinarius für Sozialpsychologie und angewandte Psychoanalyse an der Universität Kassel lehrte. In seiner Arbeit legte er Grundlagen für eine interdisziplinäre Analyse der biologischen, soziokulturellen und psychischen Evolution des Menschen, den er in der postmodernen globalisierten Welt auf einer neuen Stufe, der "metakulturellen Humanisation", angekommen sah.

Die Preisträgerin Jessica R. Benjamin

Mit Jessica Rachel Benjamin wird eine der international einflussreichsten Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Psychoanalyse, Identitätstheorie und feministischen Psychologie für ihr wissenschaftliches Lebenswerk geehrt. Besondere Würdigung erfahren ihre fächer- und themenübergreifenden Perspektiven, die Niederschlag in verschiedensten Wissenschaftsbereichen von der Säuglings-, Geschlechter- und Traumaforschung über die Sozialphilosophie bis zur Kulturtheorie gefunden haben. Der maßgebliche Beitrag der praktizierenden Psychoanalytikerin zur Entwicklung einer relationalen, intersubjektiven Theorie des Selbst hat kontroverse, aber zugleich wichtige und fruchtbare Diskussionen zu den Grundlagen psychoanalytischen Denkens wie auch der psychotherapeutischen Praxis stimuliert.

Mit Jessica Rachel Benjamin ehrt die Köhler-Stiftung eine Persönlichkeit, die in ihrem akademischen Werdegang sowohl fachliche als auch nationale Wissenschaftskulturen intellektuell vereinigt. In den Arbeiten der Adorno-Schülerin finden sich deutliche Bezüge zur älteren und neueren Kritischen Theorie, zur Intersubjektivitätstheorie Hegels, zur klassischen Psychoanalyse Freuds und ihrer vorwiegend amerikanischen Fortentwicklung in der Selbstpsychologie Heinz Kohuts. Daneben finden sich ebenso kritische Stellungnahmen zu aktuellen Gendertheorien, wie etwa derjenigen von Judith Butler. Neben ihrer Tätigkeit als Analytikerin lehrt Jessica R. Benjamin als Clinical Professor Psychoanalyse und Psychotherapie an der Graduate School of Arts and Science der New York University. Sie ist Mitbegründerin des Stephen Mitchell Centers for Relational Studies, dem sie auch als Vorstandmitglied dient. Im Mai 2008 hielt sie die renommierte Sigmund-Freud-Vorlesung in Wien.

Einige der wichtigsten Publikationen der Preisträgerin liegen in deutscher Sprache vor, so ihre Monografien "Die Fesseln der Liebe", "Phantasie und Geschlecht" und "Der Schatten des Anderen" sowie der Sammelband "Unbestimmte Grenzen – Beiträge zur Psychoanalyse der Geschlechter".

Die Köhler-Stiftung

Die 1987 durch Lotte Köhler errichtete Köhler-Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft fördert die Wissenschaften vom Menschen, und zwar insbesondere solche Gebiete, die das Verständnis des Menschen über sich selbst erweitern. Darunter sind sowohl Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der Psychologie und benachbarter Sozial- und Kulturwissenschaften als auch auf dem Gebiet der Medizin zu verstehen. Vorrangig gefördert werden Arbeiten zu psychosozialen Aspekten des menschlichen Zusammenlebens in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

In Zusammenhang mit dem Preis werden vom Hans Kilian und Lotte Köhler-Centrum (KKC) an der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum regelmäßig internationale Hans-Kilian-Vorlesungen zur sozial- und kulturwissenschaftlichen Psychologie und integrativen Anthropologie veranstaltet. Die Ergebnisse der Hans-Kilian-Vorlesungen, ebenfalls mit Mitteln der Köhler-Stiftung gefördert, werden veröffentlicht. Mehrere Deutschlandstipendien werden als Lotte-Köhler-Stipendien vergeben.

Anke Meis (Foto: Sven Lorenz)

Anke Meis

ist Leiterin des Bereiches "Kommunikation & Marketing" im Deutschen Stiftungszentrum.

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