„Es ist uns eine Ehre, dass Sie bereit waren, den Meistermann-Preis anzunehmen und heute mit Ihrem Ehemann Harry Merkle in Wittlich sind!“ sagte Bürgermeister Joachim Rodenkirch am Donnerstag, 10. März 2016 im Wittlicher Eventum. Feierlich wurde hier der Autorin und Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller der Georg-Meistermann-Preis der Stiftung Stadt Wittlich verliehen. An dem Festakt nahmen rund 1.400 Gäste teil.
Zu Beginn des Festaktes begrüßte Bürgermeister Rodenkirch neben Herta Müller zahlreiche Ehrengäste und ganz besonders den Laudator, Martin Schulz. Dann beschrieb Rodenkirch, wie ihm Ernest Wichner, der Leiter des Literaturhauses in Berlin, bei der Causa Meistermann-Preis behilflich war und den Kontakt zu Herta Müller herstellte. „Wie wir heute sehen mit Erfolg“, so Rodenkirch und beendete seine Ansprache mit einem Zitat aus dem Buch „Immer derselbe Schnee und immer der selbe Onkel“, das Herta Müller im Jahr 2011 veröffentlichte: „Mein Großvater war im Ersten Weltkrieg Soldat. Er wusste, wovon er spricht, wenn er in Bezug auf seinen Sohn Matz (im Zweiten Weltkrieg gefallen) oft verbittert sagte: „Ja, wenn die Fahnen flattern, rutscht der Verstand in die Trompete.“ Diese Warnung passte auch auf die folgende Diktatur, in der ich selber lebte. Täglich sah man den Verstand der kleinen und großen Profiteure in die Trompete rutschen. Ich beschloss, die Trompete nicht zu blasen.“ Rodenkirch appellierte an die Festgäste: „Verehrte Damen und Herren, genau das sollte jeder einzelne von uns auch beschließen, die Trompete nicht zu blasen!“
Im Anschluss sahen die Zuschauer einen Filmausschnitt aus der Dankesrede Herta Müllers, die sie anlässlich der Verleihung des Nobelpreises für Literatur im Jahr 2009 gehalten hatte. Ergreifend und mahnend, wie ihre literarischen Werke auch.
Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments, würdigte in seiner anschließenden Laudatio die Unnachgiebigkeit der Preisträgerin: „Wir alle sollten Herta Müller dafür dankbar sein, dass sie bis heute unbeugsam und unbequem geblieben ist, ob wir mit ihr in allem übereinstimmen oder nicht.“ Ohne Frage sei Herta Müller eine der großen Schriftstellerinnen unserer Zeit. Sie sei aber auch eine mutige Frau. Eine Frau, die niemals schweigen würde, sondern unbeirrbar und unüberhörbar den durch Gewalt und Unrecht zum Verstummen Gebrachten eine Stimme gäbe, den Blick auf unsere Vergangenheit lenke und alle dazu aufrufe, jeden Tag für die Verteidigung der Menschenrechte und die Würde des Menschen einzutreten. Müller mahne in ihrem Werk „Die Atemschaukel“, dass die Opfer im Osten Europas nicht zu vergessen seien. „Herta Müller entreißt die Opfer dem Vergessen, dem Verleugnet werden, lässt ihnen Gerechtigkeit widerfahren und gibt ihnen, so empfinde ich es, damit ihre Würde zurück“, beschreibt Schulz die Lektüre des Buches und damit die Begegnung mit der Schriftstellerin Herta Müller. Abschließend sagte Schulz: „Deshalb: dass in diesem Jahr Herta Müller den Georg-Meistermann-Preis der Stadt Wittlich erhält, ist eine ausgezeichnete Wahl. Liebe Herta Müller, herzlichen Glückwunsch zu einer weiteren, verdienten Auszeichnung.“
Den Georg-Meistermann-Preis überreichten in Form einer Bronzeplakette und einer Urkunde Professor Dr. Hermann Simon, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Stadt Wittlich, und Vorstandsvorsitzender Joachim Rodenkirch. Herta Müller wurde ein großer Applaus des Wittlicher Publikums zuteil. Müller bedankte sich und sagte: „Ich möchte den Preis den Menschen zukommen lassen, die heute in unser Land fliehen müssen. Für diese Menschen soll das Geld verwendet werden.“ In ihrer Dankesrede schlug Herta Müller geschickt die Brücke von ihrem eigenen Schicksal zu dem Georg Meistermanns: Wie sie in Rumänien musste auch Meistermann sein Studium in der Zeit des Nationalsozialismus abbrechen, Meistermann erhielt von den Nazis ein Ausstellungsverbot, Müller vom rumänischen Geheimdienst ein Veröffentlichungsverbot.