Jugendjahre: Mit Geduld und harter Arbeit
Mayer sieht seinen Platz seit jeher am Patienten, nicht im Elfenbeinturm. "Seit etwa meinem zehnten Lebensjahr", erzählt er, "wollte ich Arzt werden." Zunächst kam der Krieg dazwischen, der ihn 17-jährig erst zu den Gebirgsjägern, später in französische Kriegsgefangenschaft ins Bergwerk brachte. "Mich hielt immer der Gedanke aufrecht: Ich komme heim, und dann studiere ich Medizin", so Mayer. Als er nach drei Jahren Gefangenschaft 1948 freikam, folgten allerdings Trauer und Schock: Sein Vater war bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen. Und statt studieren zu dürfen, musste er das Kriegs-Abitur nachholen und auf den Wunschstudienplatz warten. In Marburg erhielt Mayer 1949 immerhin die Möglichkeit, Psychologie zu studieren. Wegen seiner Erfahrungen in Krieg und Gefangenschaft wollte er mehr über die Grundlagen menschlichen Erlebens und Verhalten wissen. Vor allem dank seines experimentell-empirisch forschenden Professors Heinrich Düker faszinierte ihn sein Studium und prägte seine eigenen späteren Forschungen. Ab dem dritten Semester durfte er parallel Medizin belegen.
In den Semesterferien arbeitete Mayer am Düsseldorfer Forschungsinstitut für Arbeitspsychologie und Personalwesen (FORFA). Dort bekam er nach Vollendung des Psychologiestudiums 1953 eine Anstellung. Medizin studierte er weiter an der Medizinischen Akademie Düsseldorf, unter anderem bei Professor Dr. Gustav Bodechtel. "Bei ihm", sagt Mayer rückblickend, "habe ich sehr viel gelernt und meine Vorliebe für die Neurologie entdeckt."
Aber die Neurologie war damals in Deutschland noch nicht eigenständiges Fachgebiet, Neuropsychologie schon gar nicht. „Dabei wurde hier bereits im Ersten Weltkrieg Bedeutendes für Schädelhirnverletzte geleistet“, so Mayer. An eine Vernetzung der Experten, weitergehende Forschung und Lehre war jedoch nicht zu denken. Mayer, der ab 1958 in Tübingens Universitätsnervenklinik arbeitete und 1964 dort zum Ersten Oberarzt der neu gegründeten Neurologischen Universitätsklinik wurde, änderte das, als er 1972 den Ruf auf die neugeschaffene Professur für Neurologie und Neuropsychologie mit Leitung der Neurologischen Poliklinik und der Abteilung Neuropsychologie in Tübingen erhielt. „Das war die Erste dieser Art und modellhaft für ganz Deutschland“, berichtet er. Viele andere Universitätskliniken folgten dem Beispiel. Neuropsychologen stellten fortan ihr Können unter Beweis, gewannen den Respekt der Ärzte in Klinik und Praxis.