09.11.2018
Eine private Initiative aus Riedstadt erhält im November den mit 1.000 Euro dotierten Primus-Preis der Stiftung Bildung und Gesellschaft. Das Projekt "Die Samstagslerner" verbindet Deutschlernen mit der Integration in örtliche Vereine.
Dieses Angebot, Deutsch zu lernen, ist etwas anders: Jeden Sonnabend gibt Ilona Jahnke ehrenamtlich Sprachunterricht für junge Flüchtlinge. Treffpunkt ist das Gemeindehaus der evangelischen Kirche in Riedstadt-Goddelau (Südhessen). Zum Lernen kommen die Geflüchteten aus freien Stücken. Die Initiative ist aber mehr als nur eine Ergänzung zu den Volkshochschulkursen, an denen die Samstagslerner ebenfalls teilnehmen. Sie helfen nämlich dabei auch Vereinen vor Ort, zum Beispiel dem Förderverein für das lokale Freibad oder der freiwilligen Feuerwehr.
Wenn jemand neu dabei ist, fragt Ilona Jahnke gleich nach Hobbys und sucht einen Verein, wo er oder sie mitmachen kann. Die Clubs unterstützen die Initiative: Im ersten Jahr ist die Mitgliedschaft in der Regel kostenlos. Für den Sport bekommen die Geflüchteten Kleidung und Schuhe gespendet. Die Flüchtlingskinder lernen dort andere Riedstädter Jugendliche kennen – und sprechen natürlich Deutsch.
Die Samstagslerner sind dadurch am Ort bekannt. "Sie sind keine Fremden, sie gehören dazu. Im August haben sie zum zweiten Mal am jährlichen, örtlichen Beachvolleyball-Turnier teilgenommen", erzählt Ilona Jahnke, die als eine der Aktiven aus dem Freundeskreis Flüchtlinge Riedstadt das Projekt im Jahr 2015 gestartet hat. "So funktioniert Integration: durch Mitmachen bei gesellschaftlichen Ereignissen." Und auch den Sprachkenntnissen hilft die Initiative erwiesenermaßen. Die Samstagslerner schneiden in Tests überdurchschnittlich gut in puncto Sprachverständnis und Sprechen ab.
"Sprachunterricht ist ein wichtiger Baustein für Integration, aber nicht der einzige", sagt Birgit Ossenkopf, stellvertretende Geschäftsführerin der Stiftung Bildung und Gesellschaft. "Das Gelernte anzuwenden und mit den Menschen am Ort in Kontakt zu kommen, ist der nächste entscheidende Schritt." Die Jury hat überzeugt, dass dies bei den Samstagslernern so gut ineinander greift und Integration wirklich gelebt wird.
Der Primus-Preis wird jeden Monat an ein kleines, vorbildhaftes Projekt vergeben. Die Stiftung Bildung und Gesellschaft will damit Initiativen fördern, die ein konkretes Problem in der Kita oder in der Schule vor Ort aufgreifen und lösen wollen. Wichtig ist, dass die Projekte auf alle Regionen übertragbar sind und nicht parallel agieren, sondern an das staatliche Bildungssystem andocken. Lokale Akteure – wie Arbeitsagenturen oder Schulämter, aber auch Unternehmen sowie kulturelle Einrichtungen – sollten einbezogen sein. Zusätzlich schreibt die Stiftung Bildung und Gesellschaft den Sonder-Primus Digital aus, um zivilgesellschaftliche Initiativen zu würdigen, die Kinder und Jugendliche auf das Leben in einer digitalen Welt vorbereiten. Aus allen von Januar bis Dezember ausgezeichneten Projekten wird der Primus des Jahres gewählt und mit insgesamt 5.000 Euro Preisgeld prämiert.
ist Leiterin des Bereiches "Kommunikation & Marketing" im Deutschen Stiftungszentrum.
T 0201 8401-204