Wie sieht der Alltag von Menschen mit Querschnittlähmung tatsächlich aus? Welche gesundheitlichen Probleme haben sie im Zusammenhang mit ihrer Rückenmarkverletzung? Und wie lassen sich medizinische und soziale Unterstützung der Betroffenen verbessern? Zur Beantwortung bedarf es solider Daten zur Gesundheits- und Lebenssituation der Patienten. In einer von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und internationalen Fachgesellschaften initiierten Studie wurden weltweit Betroffene befragt, um die Situation in den einzelnen Ländern erfassen und vergleichen zu können.
Andrea Bökel koordinierte das deutsche Teilprojekt "German Spinal Cord Injury Survey" unter der Leitung von Professor Christoph Gutenbrunner, Direktor der Klinik für Rehabilitationsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover. Ihre Promotion zum Doktor der Humanbiologie entstand im Rahmen dieser Studie. Mit der Befragung von 1.617 Betroffenen wurde in Deutschland der größte Datensatz im internationalen Vergleich erhoben. Erstmals liegen konkrete Informationen darüber vor, wie die Situation der Patienten hierzulande tatsächlich ist und welche Beeinträchtigungen Querschnittgelähmte im Alltag erleben.
Die häufigsten gesundheitlichen Probleme der Befragten waren Störungen der Sexualität sowie Gelenk- und Muskelschmerzen. Als größte Barriere im Alltag nannten die Betroffenen die fehlende oder unzureichende Zugänglichkeit der Wohnung von Freunden oder Verwandten und von öffentlichen Orten. Eine weitere Herausforderung für Querschnittgelähmte ist die Jobsituation. Nur etwa 40 Prozent im erwerbsfähigen Alter gehen einer Arbeit nach. In der Schweiz ist dagegen mehr als die Hälfte der Betroffenen berufstätig, in Norwegen sind es nahezu 70 Prozent. Die Studienergebnisse werden in Zusammenarbeit mit medizinischen Fachgesellschaften und Patientenvertretungen zu einem Policy Brief mit Handlungsempfehlungen für die Entscheidungsträger zusammengefasst.
Andrea Bökel studierte nach ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin von 2005 bis 2010 Physiotherapie an der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim. Seit 2010 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Klinik für Rehabilitationsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover tätig, seit 2018 als Referentin der Klinikleitung.