14.10.2021
Gleich zwei Preisträger werden am heutigen Freitag (15. Oktober 2021) mit dem Preis für Biochemie an der Universität Tübingen ausgezeichnet. Mit ihrem Preis ehrt die Elisabeth und Franz Knoop-Stiftung die Nachwuchswissenschaftler Philip Bucher und Dr. Tobias Merkle.
Die Auszeichnung ist jeweils mit einem Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro verbunden. Die Verleihung findet im Rahmen eines Kolloquiums am Interfakultären Institut für Biochemie (IFIB) der Universität Tübingen statt.
Die Preisträger
Philip Bucher, Jahrgang 1994, hat im Dezember 2017 seine Promotion am Interfakultären Institut für Biochemie an der Universität Tübingen begonnen und steht unmittelbar vor dem erfolgreichen Abschluss des Verfahrens. Mit seiner Forschung möchte Philip Bucher einen Beitrag zum besseren molekularen Verständnis des diffusen großzelligen B-Zell-Lymphoms (kurz: DLBCL) leisten und damit Menschen, die an Lymphdrüsenkrebs erkrankt sind, eine verbesserte Perspektive geben. Bislang werden Fälle eines DLBCL mit einer standardisierten Anthrazyklin-basierten Chemotherapie behandelt – diese Therapie führt derzeit jedoch noch zu einer unbefriedigenden Überlebenserwartung. Hier setzen Philip Buchers Forschungen an: In biochemischen und molekularbiologischen Experimenten hat er Zellkulturen von normalen und krebsartigen B-Zellen untersucht. Das Ergebnis: Verglichen mit normalen B-Zellen werden in krebsartigen B-Zellen gewisse Signal-Proteine zu stark aktiviert. Am Beispiel des ABC-DLBCL, dem aggressivsten Subtyp des Lymphoms, konnte Philip Bucher zeigen, dass zwei schon bekannte Medikamente – nämlich Cyclosporin A und Tacrolimus – die Aktivität des überaktivierten Signal-Proteins NFAT hemmen und dadurch das Wachstum der bösartigen ABC-DLBCL-Zellen verringern. Durch Kombination mit weiteren Medikamenten konnte Philip Bucher diesen Effekt weiter verstärken.
Aufgrund dieser vielversprechenden Experimente wird nun im neuen Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen in Tübingen eine klinische Studie gestartet, die bei Lymphom-Patienten die Wirksamkeit von Tacrolimus in Kombination mit weiteren Medikamenten testen wird.
Insgesamt ist es Philip Bucher gelungen, beeindruckende Ergebnisse zum DLBCL vorzulegen, die einen wichtigen Beitrag zum besseren molekularen Verständnis dieses häufigen Lymphoms liefern.
Dr. Tobias Merkle, Jahrgang 1990, hat im Juli 2020 am Interfakultären Institut für Biochemie mit summa cum laude promoviert. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit der RNA-Editierung, einer neuen und aktuell von Laboratorien weltweit getesteten molekularbiologischen Methode (RNA = Abkürzung für Ribonukleinsäure). Tobias Merkle arbeitet mit einer Technik, die es ihm ermöglicht, in der lebenden Zelle RNA-Ketten-Elemente (sogenannte Ribonukleotide) zu verändern. Dies kann in ihrer Folge eine Veränderung des kodierten Proteins erzeugen. Auf Grundlage der molekularbiologischen Forschungsergebnisse von Tobias Merkle können bestimmte nachteilige Kodierungen korrigiert werden. Tobias Merkle hat zur RNA-Editierung einen wichtigen und auch eleganten Beitrag geleistet, indem er die Maschinerie der Zelle benutzt, welche zu Korrekturen der Ribonukleotid-Abfolge in der RNA in der Lage ist. Es gilt hier die Spezifität und die Effizienz dieser korrigierenden Eingriffe in die RNA der Zelle so zu steuern, dass nur das gewünschte RNA Molekül verändert wird.
In Zusammenarbeit mit Kollegen von der Universität Stanford/Calif. – unter anderem auch mit Paul Vogel, Preisträger der Knoop-Stiftung 2019 – konnte Tobias Merkle zeigen, dass sein Verfahren mit ausgesprochen hoher Präzision arbeitet, was für eine spätere medizinische Anwendung wichtig sein wird.
Tobias Merkles Arbeit wurde in dem international renommierten Journal Nature Biotechnology im Jahre 2019 publiziert und bereits vielfach zitiert. Seine Forschungen stellen eine grundlegende Arbeit für eine neue Klasse potenzieller Wirkstoffe dar, deren kommerzielle Anwendung bereits in Start-ups und Forschungslaboratorien der Pharmabranche vorangetrieben wird.
Die Elisabeth und Franz Knoop-Stiftung wurde 2014 mit dem Ziel errichtet, die Wissenschaft und Forschung insbesondere auf dem Gebiet der Biochemie an der Universität Tübingen zu fördern. Der Name soll an das Ehepaar Elisabeth und Prof. Dr. med. Franz Knoop erinnern und die Lebensleistung von Franz Knoop in Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Biochemie würdigen, unter anderem als Ordinarius der Physiologischen Chemie an der Universität Tübingen und als Leiter des Vorläuferinstituts des Interfakultären Instituts für Biochemie (IFIB) von 1928 bis 1946. Die Stiftung wird treuhänderisch durch den Stifterverband verwaltet.
Die Elisabeth und Franz Knoop-Stiftung hat den Preis für Biochemie an der Universität Tübingen zusammen mit dem IFIB ins Leben gerufen. Der im zweijährigen Turnus vergebene Preis wird an Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler als Anerkennung für herausragende biochemische Arbeiten – vorzugsweise im Bereich der humanmedizin-orientierten Biochemie – verliehen.