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Klein, aber oho! Die Karriere des Regenwurms

26.08.2022

Fünf Fragen an: Henrik Krehenwinkel und Susan Kennedy

Weltweit drohen Böden durch Verdichtung, Erosion, Humusabbau und Versiegelung zu verarmen. Das hat weitreichende Konsequenzen für die biologische Vielfalt, Landwirtschaft, Ernährungs­sicherheit oder Wasserspeicherkapazität. Alle Anstrengungen zum Schutz und nachhaltiger Nutzung von Böden brauchen aussagekräftige Monitoringsysteme, um den Erfolg von Maßnahmen auf den Prüfstand zu stellen. 

Seit jeher ist der Regenwurm bei Gärtnern und Bauern ein gern gesehener, kostenloser Helfer. Er gräbt Gänge, lockert und durchmischt den Boden, sorgt für Durchlüftung und die Aufnahme von Wasser. Sein Kot ist ein hervorragender Dünger. Eine neue Karriere als Umweltmonitor könnte der lateinisch Lumbricidae genannte Wenigborster durch die Forschungsarbeiten von Henrik Krehenwinkel und Susan Kennedy von der Universität Trier machen. Gefördert wird das Projekt von der Bauer-Stiftung im Rahmen von "Forschungsgeist!".

Susan Kennedy und Henrik Krehenwinkel
Susan Kennedy und Henrik Krehenwinkel

 
Warum haben Sie den Regenwurm als Modellorganismus und Umweltmonitor ausgewählt?

Als Bodenbewohner ist der Regenwurm ein präziser Indikator für Bodenqualität und Resilienz von Böden. Er ernährt sich überwiegend von Pflanzenresten und Mikroorganismen. Gleichzeitig nimmt er beim Graben Mineralboden auf. In unserem "Forschungsgeist!"-Projekt werden wir eine Zeitreise in die vergangenen Jahrzehnte machen und untersuchen, wie sich das Darmmikrobiom von Regenwürmern verändert hat. Zusätzlich wollen wir der Frage nachgehen, ob DNA aus dem Darm des Regenwurms die ihn umgebende Lebensgemeinschaft aus bodenbewohnenden Mikroorganismen abbildet. Der Wurm könnte also ein Sammler für so genannte Umwelt-DNA des Boden-Mikrobioms sein. Aus der Dynamik der Veränderungen sollen auch Projektionen für die Zukunft abgeleitet werden. 

Wie ist diese Zeitreise in die Vergangenheit möglich?
Regenwürmer und ihr Darminhalt werden seit fast 40 Jahren als Teil eines Umweltmonitoring-Programms des Umweltbundesamtes gesammelt, der Umweltprobenbank des Bundes. Jährlich werden an ausgewählten Standorten Regenwurmproben gesammelt, gemahlen und dann bei ultratiefen Temperaturen von minus 150 Grad Celsius in Tanks mit flüssigem Stickstoff gelagert. Sämtliche chemischen und biologischen Informationen bleiben so erhalten, auch die Erbsubstanz. Dank neuester Technologien, dem sogenannten "Next Generation Sequencing", werden wir den archivierten Proben neue Informationen entlocken und einen retrospektiven Blick in die Vergangenheit werfen.

Was verbirgt sich hinter der Technologie des Next Generation Sequencing?
"Hochdurchsatzsequenzierung" ist hier das Stichwort. Innerhalb von wenigen Stunden kann mit dieser modernen Technik das komplette Genom einzelner Organismen oder die biologische Vielfalt ganzer Lebensgemeinschaften entschlüsselt werden. Neben dem Mikrobiom des Regenwurms interessieren wir uns insbesondere für so genannte Umwelt-DNA im Darm des Regenwurms. Das sind DNA-Spuren, die Bodenlebewesen in ihrer Umwelt hinterlassen und die der Wurm bei seiner Nahrungssuche aufnimmt. Über die Untersuchung des konservierten Umwelt-DNA-Gemisches erhalten wir präzise Einblicke in die biologische Diversität der Zeit der Probenahme.

Welche Forschungsfragen wollen Sie während des dreijährigen "Forschungsgeist!"-Projekts beantworten?
Unser Team interessiert, ob und wie sich der Speiseplan von Regenwürmern und damit sein Darmmikrobiom in Gebieten mit starkem menschlichem Einfluss verändern. Außerdem werden wir uns die genetische Vielfalt an belasteten Standorten anschauen und mit weniger oder unbelasteten Böden vergleichen. Möglicherweise werden wir auch stressresistente, resilientere Varianten identifizieren können, die sich besser gegen Standortbelastungen behaupten können.

Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen: Welchen Impact erwarten Sie für die Praxis?
Unser Projekt verspricht dringend benötigte Erkenntnisse über die ökologischen und evolutionären Veränderungen von Boden-Lebensgemeinschaften durch anthropogenen Stress, aber auch ihr Resilienz-Potenzial. Am Ende wollen wir der Praxis ein praktikables, belastbares, auf molekularen Methoden basierendes Instrument für das Routine-Monitoring bereitstellen. Die enge Verbindung und Unterstützung durch das Umweltbundesamt ist ein Garant für diese Umsetzung in die Praxis.

Das Forschungsteam
Prof. Dr. Henrik Krehenwinkel und Dr. Susan Kennedy befassen sich an der Universität Trier mit evolutionären und ökologischen Reaktionen biologischer Gemeinschaften auf globale Umweltveränderungen. Sie haben im Jahr 2021 ein dreijähriges "Forschungsgeist!"-Grant der Bauer-Stiftung erhalten. "Forschungsgeist!" zeichnet innovative Ideen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Bereich der molekularen Ökosystem- und Biodiversitätsforschung aus.

eDNA: Ein entscheidender Fortschritt für das Biomonitoring

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eDNA: Ein entscheidender Fortschritt für das Biomonitoring (Video)
Universität Trier