Körber und ihre Kollegen entschlüsselten dafür das Tumorgenom von 186 Neuroblastomen unterschiedlicher Stadien. Anschließend rekonstruierten sie anhand bestimmter Erbgutveränderungen die Entstehungsgeschichte der Tumoren. Die Forscher gingen davon aus, dass sich Erbgutveränderungen im Genom zufällig und über die Zeit hinweg mit konstanter Geschwindigkeit anhäufen – wie Sand in einer Sanduhr. Diese Ansammlung von Mutationen wird daher auch als molekulare Uhr bezeichnet und ist messbar. Mit Hilfe eines speziell dafür entwickelten mathematischen Modells konnten Körber und Kollegen daraus einen Stammbaum der Neuroblastom-Entstehung rekonstruieren.
Die Analysen zeigten überraschenderweise, dass Neuroblastome aller Risikogruppen bereits in der frühen Schwangerschaft entstehen, sich jedoch in Art und Dauer ihrer frühen genetischen Evolution unterscheiden. Das Team konnte darüber hinaus zeigen, dass die Dauer der frühen genetischen Evolution den klinischen Verlauf präzise vorhersagt. Diese Unterscheidung könnte in Zukunft dabei helfen, junge Hochrisikopatienten von Kindern zu unterscheiden, die gar keine Therapie benötigen, so hofft das Forscherteam.
Nach ihrem Masterstudium in Molekularen Biowissenschaften und Systembiologie an der Universität Heidelberg promovierte Verena Körber am Deutschen Krebsforschungszentrum in der Abteilung Theoretische Systembiologie (Leitung: Thomas Höfer). Nach ihrer Promotion im Jahr 2019 setzte sie ihre Forschung in dieser Abteilung bis zum Herbst 2023 als Postdoc fort und wechselte dann für eine zweite Postdoc-Stelle ans Weatherall Institute of Molecular Medicine, University of Oxford.
Die Verleihung des Kind-Philipp-Preises an Verena Körber fand am 10. November 2023 im Rahmen der diesjährigen Wissenschaftliche Tagung der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) in Frankfurt am Main statt.