Ein Tochterunternehmen des Stifterverbandes Alle Seiten

Ein Tochterunternehmen des Stifterverbandes

Aktuelles aus den Stiftungen

Aktiv-Wach-Hypnose bei
Restless-Legs-Syndrom

14.05.2024

Zur Linderung der Symptomatik beim Restless-Legs-Syndrom werden dringend nicht-medikamentöse Verfahren benötigt. Die Carstens-Stiftung und der RLS e.V. fördern daher gemeinsam eine Studie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Carstens-Stiftung (Logo)

Dr. Julia Siewert und ihr Team prüfen, ob Aktiv-Wach-Hypnose die Lebensqualität von RLS-Patientinnen und Patienten verbessert. Idealerweise wird so ein niederschwelliges, kostengünstiges Therapieangebot geschaffen, mit dem Betroffene selbstwirksam Lebensqualität zurückgewinnen.

Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) ist meist durch Missempfindungen in den Beinen gekennzeichnet, die insbesondere am Abend und in der Nacht auftreten und mit einem beinahe zwanghaften Bewegungsdrang verbunden sind. Verständlicherweise geht die Erkrankung häufig mit Schlafstörungen einher und mindert die Lebensqualität von Betroffenen – vermutlich mehr als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung – deutlich.

Die Beschwerden können unter psychischen Belastungen stärker ausgeprägt sein, gleichzeitig stellen sie selbst eine Belastung für die Psyche dar. Die Linderung durch die routinemäßige pharmakologische Behandlung hält leider oft nicht lange an. Bei annähernd zwei Drittel der Patientinnen und Patienten kehren die Beschwerden zurück und werden teils sogar als stärker empfunden. Entsprechend empfehlen die deutschen Leitlinien, eine anhaltende medikamentöse Therapie so spät wie möglich erfolgen zu lassen. Dringend werden wirksame nicht-medikamentöse Verfahren benötigt.

Ob die Aktiv-Wach-Hypnose ein solches Verfahren sein könnte, prüft nun eine Arbeitsgruppe um Dr. Julia Siewert von der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Gefördert wird das Projekt gemeinsam von der Karl und Veronica Carstens-Stiftung und der Deutschen Restless Legs Vereinigung (RLS e.V.).

 

Aktiv-Wach-Hypnose vielversprechend

Die Aktiv-Wach-Hypnose ist ein Verfahren der Hypnotherapie und hat ihren Ursprung in der Sportmedizin. Im Gegensatz zur klassischen Hypnose erfolgt sie mit offenen Augen und kombiniert die Suggestionen mit einer rhythmischen körperlichen Aktivität, zum Beispiel auf einem Pedaltrainer. Das Bewegungsbedürfnis soll nicht unterdrückt, sondern gerade dazu genutzt werden, eine körperliche und mentale Entspannung zu erreichen. RLS-Patientinnen und Patienten kommt dies entgegen. Außerdem lässt sich durch Aktiv-Wach-Hypnose nachweislich der Cortisolspiegel beeinflussen, der bei RLS-Patientinnen und Patienten in der Nacht häufig ansteigt. Das Verfahren ist also äußert vielversprechend, allein die wissenschaftliche Überprüfung im Kontext von RLS steht noch aus.

Genau hier setzen Dr. Siewert und ihr Team nun an. Insgesamt 84 Patientinnen und Patienten im Alter zwischen 18 und 70 Jahren mit mittelgradiger RLS-Symptomatik (IRLS-Gesamtscore ≥ 20) sollen in die Studie eingeschlossen werden.

Innerhalb von zwölf Wochen erhält eine Gruppe (42 Patientinnen und Patienten) vier individuelle Aktiv-Wach-Hypnose-Sitzungen (je 50 Minuten) bei einem ausgebildeten Hypnotherapeuten oder einer ausgebildeten Hypnotherapeutin. Zusätzlich soll mithilfe von Audiodateien einmal täglich selbst eine Aktiv-Wach-Hypnose auf einem zur Verfügung gestellten Pedaltrainer durchgeführt werden (je 15 Minuten).

Die andere Gruppe erhält innerhalb der zwölf Wochen vier verhaltenstherapeutische Sitzungen (je 50 Minuten) und soll täglich bestimmte Interventionen der kognitiven Verhaltenstherapie selbstständig durchführen (je 15 Minuten). Dazu gehört etwa das Führen eines Emotionstagebuchs, die Bewusstmachung problematischer Gedankenmuster, die Übung konstruktiver Verhaltensweisen und Ähnliches. Das Programm dieser aktiven Kontrollgruppe wurde entwickelt, um personelle Aufmerksamkeit und soziale Interaktion anzubieten, die vergleichbar mit dem Aktiv-Wach-Hypnose-Programm ist. Eine gegebenenfalls bereits bestehende Routineversorgung darf in beiden Gruppen fortgeführt werden, ebenso ist der Einsatz von Bedarfsmedikation erlaubt.

 

Zwölf Wochen Intervention, 24 Wochen Beobachtungszeit

Nach der Interventionsdauer von zwölf Wochen soll der Schweregrad des RLS nach der IRLS-Skala bzw. dessen Veränderung in beiden Gruppen verglichen werden. Ebenso sollen unter anderem der Langzeiteffekt nach 24 Wochen, das Wohlbefinden, die Lebens- und die Schlafqualität sowie der Medikamentenbedarf erfasst und gegenübergestellt werden.

Es ist geplant, zwölf zufällig ausgewählte Probandinnen bzw. Probanden (sechs pro Gruppe) in qualitativen Interviews zu ihrer Zufriedenheit mit der Intervention und deren Auswirkung zu befragen. Auf diese Weise sollen wichtige Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie die Aktiv-Wach-Hypnose am besten an die Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten angepasst und dauerhaft in der RLS-Therapie etabliert werden könnte.

"Idealerweise schaffen wir mit der Aktiv-Wach-Hypnose ein niederschwelliges, kostengünstiges und leicht erreichbares Therapieangebot, das Betroffene in die Lage versetzt, selbstwirksam Lebensqualität zurückzugewinnen", sagt Dr. Siewert. "Als begleitende Therapie könnte Aktiv-Wach-Hypnose außerdem helfen, Medikamente einzusparen, und damit Nebenwirkungen reduzieren."

 

Dr. med. Julia Siewert ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Studienkoordinatorin am Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Die gemeinnützige Karl und Veronica Carstens-Stiftung wurde 1981 vom damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens und seiner Ehefrau Dr. Veronica Carstens gegründet. 40 Jahre nach ihrer Errichtung ist die Carstens-Stiftung eine bedeutende Wissenschaftsorganisation auf dem Gebiet der Naturheilkunde und Komplementärmedizin und hat mit einer Fördersumme von 40 Millionen Euro über 300 Forschungsprojekte unterstützt. Sie setzt sich für die Verankerung von Naturheilkunde und Komplementärmedizin in der medizinischen Forschung und Patientenversorgung ein. Hauptaufgaben sind die Förderung wissenschaftlicher Forschung und des medizinischen Nachwuchses sowie die fundierte Aufklärung über Anwendung und Nutzen naturheilkundlicher und komplementärmedizinischer Verfahren.

Die Deutsche Restless Legs Vereinigung ist ein gemeinnütziger Verein der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe für Menschen, die am RLS leiden. Der RLS-Vereinigung steht ein medizinisch-wissenschaftlicher Beirat zur Seite, dem angesehene Experten auf dem Gebiet der RLS-Forschung angehören. Die zahlreichen regionalen Selbsthilfegruppen sind das Rückgrat ihrer ehrenamtlichen Arbeit. Diese arbeiten selbstständig unter dem Dach der RLS-Vereinigung und bieten deutschlandweit gezielt Austausch, Hilfe und aktuelle Informationen an. Die Öffentlichkeit über das RLS zu informieren, Betroffene und Angehörige in ihrem Alltag mit dem RLS zu unterstützen sowie Forschungsaktivitäten voranzutreiben, sind seit der Gründung im Jahr 1995 die wichtigsten Anliegen der RLS-Vereinigung. Sie unterstützt Forschungsprojekte mit dem Ziel, die Krankheitsmechanismen entschlüsseln sowie neue Diagnose- und Therapiemöglichkeiten entwickeln zu können. Mittlerweile sind durch die RLS-Vereinigung bereits mehr als eine Million Euro in zahlreiche innovative Forschungsprojekte geflossen.

Pressekontakt

Michèl Gehrke

Pressesprecher
Karl und Veronica Carstens-Stiftung
Am Deimelsberg 36
45276 Essen

T 0201 56305-61
F 0201 56305-30

E-Mail senden