23.10.2024
Die Corona-Stiftung vergibt 2024 ihre Förderung "Nachwuchsforschungsgruppe Kardiovaskuläre und Neurovaskuläre Erkrankungen" an zwei Wissenschaftlerinnen und einen Wissenschaftler aus Hamburg, Heidelberg und München. Die drei erhalten über einen Zeitraum von fünf Jahren jeweils ein Preisgeld von einer Million Euro für den Aufbau ihrer Arbeitsgruppen.
Gefördert wird Dr. Zhifen Chen von der Technischen Universität München für ihre Forschung zum Thema Übergewicht als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dr. Karoline Degenhardt vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wird für ihre Arbeit zu immunologischen Aspekten von Schlaganfällen mit der Förderung bedacht. Dr. Kai-Uwe Jarr von der Universität Heidelberg erhielt den Zuschlag für seine Forschung zur Immuntherapie bei Atherosklerose.
Dr. Zhifen Chen von der Technischen Universität München untersucht die Zusammenhänge zwischen koronaren Herzerkrankungen und Übergewicht.
Obwohl Fettleibigkeit das Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung vielfach erhöht, entwickeln lange nicht alle Menschen mit Übergewicht eine Herzerkrankung. Gründe für diese unterschiedliche Prädisposition können in den Genen, aber auch in Umweltfaktoren, Lebensstil und Ernährung liegen.
All diese Faktoren beeinflussen die (epi)genetische Expression von Molekülen in den Zellen und Geweben, das sogenannte Transkriptom, auf unterschiedliche Weise.
Therapeutische Ansätze umfassen derzeit Medikamente, die Blutfette, Blutzucker und Bluthochdruck senken. Zwar kann dadurch das Körpergewicht und damit ein Risikofaktor reduziert werden, allerdings wirken diese Ansätze in Hochrisiko-Patientinnen und Patienten mit komplexer klinischer Symptomatik weniger effektiv.
Dr. Zhifen Chen untersucht mit hochmodernen Genomeditierungs-Methoden bei Probandinnen und Probanden mit oder ohne kardiovaskuläre Erkrankungen, in welchen genetischen und phänotypischen Unterschieden und möglichen weiteren Risikofaktoren die Resilienzmechanismen der unterschiedlich betroffenen Menschen begründet sind.
Die Erkenntnisse der Forschungsarbeit sollen in 3D-Modellen von Arterien verifiziert werden und einen substanziellen Beitrag zur Vorhersage, Diagnose und Therapie kardiovaskulärer Erkrankungen liefern.
Dr. Zhifen Chen ist Arbeitsgruppenleiterin am Deutschen Herzzentrum München, Klinikum der Technischen Universität München. Ihre Promotion schloss sie an der Technischen Universität München in der Stammzellforschung an Kardiomyozyten ab und verbrachte daran anschließend Forschungsaufenthalte an der Harvard University, Harvard Medical School und dem Broad Institute of MIT, Boston, USA. Derzeit habilitiert sie sich in der Experimentellen Kardiologie.
Dr. Karoline Degenhardt vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf stellt Mikroglia, die Immunabwehrzellen des Gehirns, als Ziel einer neuen Therapie von Schlaganfällen in den Fokus.
Schlaganfälle sind eine Folge von Durchblutungsstörungen des Gehirns, die zum Absterben von Nervenzellen führen. Eine sich anschließende Entzündung im Gehirn lässt daraufhin weitere Nervenzellen zu Grunde gehen – eine fatale Kettenreaktion.
Mikroglia werden durch krankhafte Veränderungen im Gehirn aktiviert und tragen durch eine Vielzahl von Funktionen zur Beseitigung des schädlichen Reizes bei. Aus in der Vergangenheit abgewehrten Entzündungen können Mikroglia lernen, die Information durch epigenetische Modifikationen der Erbsubstanz speichern, und somit auf einen erneuten schädlichen Reiz mit einer gesteigerten Immunabwehr reagieren.
Insbesondere bei Vorerkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus, unter denen ein Großteil der Schlaganfallpatienten leidet, kann die verstärkte Immunreaktion der Mikroglia allerdings zum Nachteil werden und den bereits vorliegenden Gehirnschaden des Schlaganfalls verstärken, statt zur Heilung beizutragen.
Durch genetische Analysen von Mikroglia-Zellen möchte die Forschungsgruppe um Dr. Degenhardt diese Prozesse besser verstehen. Der Einsatz einer modifizierten Form der CRISPR/Cas9-"Genschere" ermöglicht, die Aktivität einzelner Gene gezielt künstlich zu verstärken oder abzuschwächen. Im Idealfall könnte die verstärkte Aktivierung der Mikroglia während des Schlaganfalls sogar umgekehrt werden, um die Heilungschancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern.
Dr. Karoline Degenhardt promovierte am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen zur Modulation von myeloischen Zellen in Mausmodellen neurodegenerativer Erkrankungen. Anschließend war sie als Projektleiterin bei der Firma Synovo für die Durchführung präklinischer Studien in Krankheitsmodellen des zentralen Nervensystems verantwortlich, bevor sie als PostDoc an das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wechselte.
Die dritte Förderung geht an Dr. Kai-Uwe Jarr an der Universität Heidelberg.
Dr. Jarr nimmt zur Entwicklung einer Immuncheckpoint-Therapie bei Atherosklerose sterbende Zellen ins Visier. Ziel ist die Entwicklung von Medikamenten, die die schädlichen Ablagerungen gezielt bekämpfen können.
Wenn Körperzellen andere Körperzellen "verzehren", ist das ein lebenswichtiger Prozess zur inneren Schadstoffentsorgung. Gerät dieser Prozess aus dem Gleichgewicht, entstehen schwerwiegende Erkrankungen wie die Atherosklerose, bei der sich Blutfette und abgestorbene Zellen als Plaques in den Gefäßwänden ansammeln und das Gefäß verengen oder gar verschließen. Eine chronische Entzündung und ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall sind die Folge. Atherosklerose fordert mehr Menschenleben als alle Krebsarten zusammen.
Normalerweise beseitigen Makrophagen, die "Fresszellen" des Immunsystems, die Bestandteile der Plaques. Ein ausgeklügeltes System aus "Friss mich"- und "Friss mich nicht"-Signalen auf der Oberfläche der Körperzellen stellt sicher, dass nur alte oder beschädigte Zellen gefressen werden. Bei Atherosklerose ist dieser Vorgang jedoch gestört: Sterbende Zellen zeigen zu viele "Friss mich nicht"-Signale. Infolgedessen werden entzündungsfördernde Substanzen freigesetzt.
Bisher kann der Krankheitsverlauf lediglich durch die Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und hohe Blutfettwerte verlangsamt werden. Entzündungshemmende Medikamente haben oft Nebenwirkungen, da sie systemisch und nicht nur lokal wirken. Die Gruppe um Dr. Jarr möchte an den gestörten "Friss mich"- und "Friss mich nicht"-Signalen ansetzen, um Entzündungen gezielter mit weniger Nebenwirkungen behandeln zu können.
Dr. med. Kai-Uwe Jarr schloss sein Studium der Humanmedizin mit der Approbation als Arzt und einer Facharzt-Weiterbildung für Innere Medizin und Kardiologie mit Zusatzbezeichnung Notfallmedizin und internistische Intensivmedizin ab. Daran anschließend trat er eine PostDoc-Stelle an der Stanford University School of Medicine an und ist seit 2023 Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg.
Die Corona-Stiftung wurde 2008 mit dem Zweck gegründet, Wissenschaft und Forschung auf den Gebieten Durchblutungsstörungen und Polyarthritis durch die Unterstützung von Forschungsvorhaben und die Vergabe von Stipendien zu fördern. Symposien der Geförderten, ihrer Arbeitsgruppenmitglieder und Mentorinnen und Mentoren bieten eine Plattform für Netzwerke und Wissensaustausch über die Einzelprojekte hinaus. Das nächste Symposium wird 2025 in Leipzig stattfinden.
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