Die Computationale Neurologie macht sich computergestützte Verfahren zur Erweiterung des Verständnisses neurologischer Systemfunktionen zu Nutze. Die Schilling-Professur ist in ein exzellentes Forschungsumfeld eingebettet und bündelt ein breites Spektrum an Expertise. Mit der Professur ist die Gründung eines neuen Instituts für Netzwerkstimulation unter Leitung von Prof. Dr. med. Andreas Horn verbunden.
Die Schilling-Stiftung fördert seit 50 Jahren herausragende kliniknahe Grundlagenforschung. Anlässlich dieses Jubiläums wurden zwei Stiftungsprofessuren im Bereich der Computationalen Neurologie ausgeschrieben, einem noch jungen, aber hoch aktuellen Forschungsfeld. Die Stiftung freut sich, mit Prof. Dr. Andreas Horn an der Universitätsmedizin Köln auch die zweite Schilling-Stiftungsprofessur hochkarätig besetzt zu haben. Eine erste Schilling-Stiftungsprofessur für Computationale Neurologie ging im März dieses Jahres an Prof. Dr. Christian Meisel am Berlin Institute of Health (BIH) sowie an die Klinik für Neurologie der Charité Berlin.
Künstliche Intelligenz (KI) erlaubt die Auswertung riesiger Datenmengen (Big Data) mit hoher Geschwindigkeit. Hieraus ergeben sich zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten in der Neurologie, Psychiatrie, Neurochirurgie und Neuroradiologie. Insbesondere die Bildgebung feiner Zielstrukturen in der Tiefe des Gehirns stellt in der Neuroradiologie eine Herausforderung dar, die mit konventionellen Methoden schwer zu erzielen ist und Spezialsequenzen und -konzepte erfordert. Ein zentrales Verfahren, das bei verschiedenen Erkrankungen und vor allem Bewegungsstörungen nachweislich zu signifikanter Symptomlinderung führt, stellt die Tiefe Hirnstimulation (THS) dar. Hierbei werden Elektroden im Gehirn platziert, deren Impulse wie ein „Hirnschrittmacher“ funktionieren. Die Tiefe Hirnstimulation wird in der Neurologie und Psychiatrie zur Behandlung von zahlreichen Erkrankungen des Gehirns erprobt oder angewandt, beispielsweise bei der Parkinson-Erkrankung, der Alzheimer-Demenz, Epilepsie, Dystonie, Depressionen oder Zwangsstörungen.
In den vergangenen Jahren wurden dazu internationale Spezialzentren gegründet, welche die Expertise von Fachleuten aus der Grundlagenforschung (Bildgebung, Datenanalyse, Prädikativen Modellierung, Simulation und Datenrekonstruktion) und klinischen Praxis (personalisierte Therapie, Elektrodenplatzierung, Stimulationsprogrammierung, Netzwerkaktivierung) zusammenbringen, um interdisziplinär Synergien zu ermöglichen und die individualisierte Therapeutik komplexer Erkrankungen voranzutreiben. Hier kann die Kölner Universitätsmedizin nun anschließen. Ziel des von Andreas Horn im Rahmen der Schilling-Professur für Computationale Neurologie entwickelten Gesamtkonzeptes ist es, diese Entwicklung durch ein entsprechendes Institut nach Deutschland zu bringen, und somit die neuen Möglichkeiten zur Diagnostik, Prävention und Therapie neurologischer Erkrankungen am Universitätsstandort Köln zu etablieren.
"Mit Herrn Professor Horn konnten wir dank der Förderung der Schilling-Stiftung einen weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der Konnektom-Forschung für die Kölner Universitätsmedizin gewinnen", freut sich Professorin Veerle Visser-Vandewalle, Direktorin der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie. Die Konnektom-Forschung konzentriert sich auf die Netzwerkeigenschaften des Nervensystems. Professor Frank Jessen, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, ergänzt: "Die Professur von Herrn Horn bedeutet für uns eine große Bereicherung nicht nur für die Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie, sondern auch für Psychiatrie und Neurologie."
“Wir wollen die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit neurologischen und psychiatrischen Symptomen verbessern. Dazu nutzen wir kausale Informationsquellen, wie Hirnläsionen und neuromodulatorische Interventionen, um Schaltkreise des Gehirns zu identifizieren, welche im Rahmen einer bestimmten Erkrankung dysfunktionale Hirnaktivität aufweisen und in Folge zu neurologischen oder psychiatrischen Symptomen führen können. Zur Linderung der Symptome werden
Neuromodulationstherapien eingesetzt, um die betroffenen Schaltkreise passgenau herunter zu regeln und somit die Balance im Gehirn wiederherzustellen. Ein starker Fokus des neuen Instituts wird darin liegen, die Forschungserkenntnisse für die klinische Praxis anwendbar zu machen.”, fasst Andreas Horn zusammen.
Einer der drei Forschungsschwerpunkte der Medizinischen Fakultät ist die Neuromodulation, Sprecherin ist Prof. Dr. Veerle Visser-Vandewalle. Die Kölner Universitätsmedizin ist in Deutschland einzigartig mit ihren umfangreichen stereotaktischen Möglichkeiten und der Bereitstellung der Tiefen Hirnstimulation (Deep Brain Stimulation DBS) sowohl für neurologische als auch psychiatrische Indikationen aufgestellt. Dazu gehören Operationen für Parkinson, Dystonie, Tremor, Alzheimer, Schmerz, Huntington, Tourette, Zwangsstörungen und mehr. Ein idealer Standort, um in Deutschland das vorgeschlagene Vorhaben durchzuführen, das sich über sechs DBS-Indikationen erstreckt. Univ.-Prof. Dr. Gereon Fink, Direktor der Klinik für Neurologie und Dekan der Medizinischen Fakultät betont die Wichtigkeit von Forschung für die Zukunftsfähigkeit des Standorts: "Nur über kliniknahe Grundlagenforschung und hochwertige klinische Studien können wir neue Erkenntnisse generieren. Über das neue Institut von Herrn Horn wollen wir wissenschaftliche Erkenntnisse der computationalen Neurologie gezielt in die klinischen Anwendung überführen – zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten."
Andreas Horn kehrt im Mai 2025 nach einer Professur in der Neurologie an der Harvard Medical School in Boston, Massachusetts, nach Deutschland zurück und wird mit der Unterstützung der Schilling-Stiftung in den nächsten Jahren an der Kölner Universitätsmedizin ein Institut für Netzwerkstimulation aufbauen. Kooperationspartner bei dieser wichtigen und herausfordernden Aufgabe werden unter anderem die Klinik für Stereotaxie unter Leitung von Prof. Dr. Veerle Visser-Vandewalle; die AG Bewegungsstörungen und Tiefe Hirnstimulation (THS) der Klinik für Neurologie, das Kölner Parkinson Netzwerk und die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Köln sein. Andreas Horn arbeitet bereits mit Industriepartnern im Feld der THS zusammen und hält ein Patent zur personalisierten Konnektom-basierten THS.