Stiftungsarbeit während der Corona-Pandemie:
Aktuelle stiftungs- und gemeinnützigkeitsrechtliche Hinweise (1)
Die geltenden Kontakt- und Versammlungsverbote und das allgemeine Gebot, unnötigen Kontakt zu anderen Menschen zu vermeiden, können dazu führen, dass beispielsweise Vorstands- und Stiftungsratssitzungen, bei Vereinen insbesondere auch Mitgliederversammlungen, nicht stattfinden können und auf – aus heutiger Sicht – unbestimmte Zeit verschoben oder vollständig abgesagt werden müssen. Dies kann problematisch werden, soweit notwendige Beschlüsse nicht fristgerecht getroffen werden, wie etwa die Feststellung des Jahresabschlusses, die Wahl von Nachfolgern ausgeschiedener Organmitglieder etc.
Das Stiftungsrecht geht, wie auch das Vereinsrecht, davon aus, dass die Beschlüsse der Organe, etwa des Vorstandes, des Stiftungsrates (sowie beim Verein der Mitgliederversammlung) in Sitzungen geschlossen werden, also in Präsenzveranstaltungen.
Damit die Organe von Stiftungen wie Vereinen auch dann handlungsfähig bleiben, wenn eine physische Zusammenkunft nicht machbar oder gar aufgrund bestehender gesetzlicher Versammlungsverbote rechtlich untersagt ist, müssen die Organe ihre notwendigen Beschlüsse auf anderem Wege treffen. Hierzu können folgende Lösungswege bestehen:
1. Die Stiftungssatzung lässt bereits Beschlüsse im Umlaufverfahren oder im Rahmen einer virtuellen Sitzung (Videokonferenz, Telefonkonferenz etc.) ausdrücklich zu.
In manchen Stiftungssatzungen ist geregelt, dass Beschlüsse – sofern sie keine grundlegenden Gegenstände wie insbesondere Satzungsänderungen oder die Auflösung der Stiftung betreffen – anstelle auf einer Sitzung auch im Umlaufverfahren getroffen werden können. Hierbei ist darauf zu achten, ob die Satzung Schriftform anordnet. Das bedeutet eine postalische Übersendung der von den Organmitgliedern unterschriebenen Beschlüssen. Ein Versand als E-Mail bzw. Dateianhang entspricht nicht der gesetzlichen Definition der Schriftform. Vereinzelt ermöglichen Satzungen ausdrücklich auch Beschlüsse per E-Mail, Telefon, Videokonferenz oder ähnliches.
Zu beachten ist, dass eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren zugleich auch die ausdrückliche Zustimmung der Organmitglieder – und zwar grundsätzlich aller Organmitglieder – erfordert, dass der Beschluss im Umlaufverfahren getroffen wird. Beides sollte in einem Protokoll zum Umlaufverfahren dokumentiert werden.
Sofern Satzungen auch Organbeschlüsse per Videokonferenz, E-Mail etc. zulassen, ist erforderlich, dass alle Organmitglieder Zugang zu dem gewählten Kommunikationsmittel haben.
2. Die Stiftungssatzung enthält keine Ausnahmen von der grundsätzlichen Präsenzpflicht.
Um Stiftungen handlungsfähig zu halten, die über keine der o.g. Satzungsregelungen verfügen, hat der Bundestag am 25. März 2020 das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beschlossen; der Bundesrat hat dem Gesetz zugestimmt, und es ist am 28. März 2020 in Kraft getreten. Es handelt sich dabei um eine vorübergehende Ausnahmeregelung, die grundsätzlich mit Ablauf des 31. Dezember 2020 wieder entfällt, wobei das Bundesjustizministerium durch das Gesetz ermächtigt ist, im Falle eines Fortbestehens der Pandemie die Geltung um ein Jahr bis zum Ablauf des 31. Dezember 2021 zu verlängern.
Nach Art. 2 § 5 dieses Gesetzes ist es rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts erlaubt, auch ohne ausdrückliche Satzungsregelung Beschlüsse zu fassen, ohne dass die Organmitglieder physisch zusammenkommen, also etwa im Wege des Umlaufverfahrens oder im Rahmen einer virtuellen Sitzung, d.h. mittels Telefonkonferenz, Videokonferenz o.ä. Weiterhin gilt jedoch, dass alle Organmitglieder Zugang zum gewählten Kommunikationsmittel haben müssen. Im Falle von physisch stattfindenden Sitzungen gilt, dass die Organmitglieder, die nicht an einer Vorstandssitzung teilnehmen, ihre Stimme vor der Durchführung der Sitzung schriftlich abgegeben haben müssen. Werden Beschlüsse ohne physische Sitzung gefasst, sind diese wirksam, wenn alle Organmitglieder beteiligt, d.h. zur Stimmabgabe aufgefordert wurden und bis zur gesetzten Frist mindestens die Hälfte der Organmitglieder ihre Stimme zumindest in Textform – dazu zählt auch E-Mail – abgegeben hat und der inhaltliche Beschluss sodann mit der gesetzlich oder satzungsmäßig erforderlichen Mehrheit gefasst wurde. Die Erleichterung besteht darin, dass nicht mehr alle Organmitglieder der Beschlussfassung außerhalb einer physischen Sitzung zustimmen müssen und dass Umlaufbeschlüsse nicht nur in Schriftform, sondern in Textform (d.h. E-Mail oder Fax) zulässig sind.