Kirgisistan ist gegenwärtig die einzige parlamentarische Republik in der Region. Ethnische Unruhen im Jahr 2010 sowie wirtschaftliche Spannungen und Generationenkonflikte stellen den jungen Staat aber vor enorme Herausforderungen. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung lebt dort unter der nationalen Armutsgrenze. Das Deutsche Stiftungszentrum (DSZ) und das EZ-Scout-Programm hatten deshalb zu einer Stifterreise geladen.
Beitrag von Dr. Katharina Franziska Braig und Dr. Stefan Stolte
Ziel dieser Reise war es, Stiftern und Philanthropen die Gelegenheit zu geben, einen vertieften und direkten Einblick in Themen und Projekte der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zu bekommen, um auf dieser Grundlage Möglichkeiten für ein sinnvolles entwicklungspolitisches Engagement zu identifizieren. Die Tatsache, dass die Teilnehmer die Gelegenheit hatten, sich persönlich vor Ort mit Verantwortlichen von diversen Initiativen und Projekten auszutauschen, konnte bei diesen das Bewusstsein für die Vielgestaltigkeit möglicher gemeinnütziger Engagements schärfen und den teilweise sehr hohen Bedarf an Unterstützung aufzeigen.
Nikolai ist ein Junge, der in dem kirgisischen Dorf Aksuu lebt und Glück im Unglück hatte: Er hat einen Platz in dem integrativen Zentrum für behinderte und nicht behinderte Kinder namens "Kyal Ketshder", was so viel wie "Träumer" bedeutet. Dort kann er ein paar Stunden am Tag mit anderen Kindern spielen und einfach Kind sein. In einem Land, in dem Kinder und Jugendliche mit Behinderungen weiterhin unter enormen Diskriminierungen und Stigmatisierungen zu leiden haben, ist dies keine Selbstverständlichkeit. Diese unbeschwerten Stunden waren jüngst in Gefahr. Der Kleinbus, der Nikolai und die anderen Kinder jeden Tag zu dem Zentrum bringt, war kaum mehr fahrtüchtig.
Deshalb traf es sich gut, dass im Juni 2018 eine kleine Delegation von deutschen Stiftern und Philanthropen das von einer Elterninitiative getragene integrative Zentrum besuchte. Kurzerhand entstand vor Ort der Entschluss, über eine Stiftung einen neuen Bus zu finanzieren und dem Zentrum "Ümüt-Nadjeschda", das sich um ältere Kinder kümmert, ebenfalls eine Förderung zukommen zu lassen – denn staatliche Förderung kommt in der Regel in dieser abgelegenen Gegend Kirgisistans kaum an. Davon kann die Gründerin des Zentrums, eine seit vielen Jahren in Kirgisistan lebende Deutsche, ein Lied singen. Auch die NGO Babushka Adoption, die die Delegation ebenfalls besuchte, wird von einer finanziellen Zuwendung durch eine deutsche Stiftung profitieren. Durch diese soll dazu beigetragen werden, die Lebenssituation und Perspektive älterer Menschen in Kirgisistan zu verbessern, die oftmals über Renten von umgerechnet lediglich sechzig Euro verfügen.
Viele Kirgisen haben zu Sowjetzeiten in Kolchosen, genossenschaftlich organisierten Großbetrieben, gelebt und gearbeitet – in der nicht erfüllten Hoffnung, auch im Alter Teil dieser Gemeinschaft zu sein und dort versorgt zu werden. Diese und weitere Hintergrundinformationen zu den Schwerpunktthemen der Reise "Zivilgesellschaft und Demokratie, Gesundheit und Soziales sowie nachhaltige Wirtschaftsförderung" bekamen die Reisenden, darunter Alexandra Gräfin Lambsdorff, im Rahmen von Treffen mit der deutschen Botschafterin sowie Vertretern der GIZ vor Ort.
Um die Zusammenarbeit zwischen Stiftungen und der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zu fördern, sind deutschlandweit vier EZ-Scouts an Institutionen des Stiftungs- und Philanthropiebereichs im Einsatz. Sie sind als entwicklungspolitische Beraterinnen im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) tätig und werden über die Engagement Global gGmbH durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH an Stiftungsorganisationen entsendet.
Am Deutschen Stiftungszentrum des Stifterverbandes arbeitet seit 2017 Dr. Katharina Braig als EZ-Scout. Sie berät dort Stiftungen und Philanthropen zu den Tools der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, vermittelt den Kontakt zu nationalen sowie internationalen Netzwerken und unterstützt dabei, Projekte zu entwickeln und zu realisieren.
ist Mitglied der Geschäftsleitung des Deutschen Stiftungszentrums und leitet dort den Bereich "Stiftungsmanagement".
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