Können Sie kurz die Kernprogramme und -projekte von Chancenwerk e.V. vorstellen? Welchen Ansatz verfolgen Sie, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu erreichen?
Unser langjähriges Kernprodukt ist die Lernkaskade. Sie ist ein von uns entwickeltes Lernförderkonzept, welches wir an unseren Partnerschulen etabliert haben. Dort helfen Studierende gemeinsam mit Jugendlichen ihren jüngeren Mitschülerinnen und Mitschülern dabei, sie in ihren Basiskompetenzen zu fördern, sich auf Klassenarbeiten vorzubereiten und ihre Noten zu verbessern. Im Gegenzug dazu erhalten die Jugendlichen von Studierenden Intensivkurse in einem Fach ihrer Wahl. In der Lernförderung nutzen wir bereits seit Ende 2022 eigens entwickelte Lernhefte, die CHANCENhefte, die auf die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen zugeschnitten sind. So können die Schülerinnen und Schüler gegenwärtig Inhalte in Deutsch, Mathe, Englisch, Biologie und Chemie vertiefen. Mit unserer CHANCENschule digital bieten wir digitale Lernförderung in Kleingruppen per Videokonferenz an. Dieses Angebot ist schul- und wohnortunabhängig und steht allen interessierten Familien zur Verfügung. Zudem können Schülerinnen und Schüler mit unserer digitalen Lernplattform CHANCENcampus flexibel von zu Hause über ihren persönlichen Lernbereich mit individuellen Lerninhalten arbeiten. Die ChancenAKADEMIE ist unser eigenes Fortbildungsangebot und widmet sich der ganzheitlichen Förderung von Kindern und Jugendlichen und der pädagogischen (Weiter-) Qualifizierung von ehrenamtlichen Übungsleitungen und festen Mitarbeitenden. Wir führen eigene Workshops durch und arbeiten zudem auch mit externen Partnerinnen und Partnern. In den Qualifizierungsangeboten geht es beispielsweise um die Stärkung von Selbstwirksamkeit, Resilienz und Selbst(lern-)Kompetenzen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Schulen und anderen Bildungseinrichtungen?
Von den Schulen, mit denen wir zusammenarbeiten, bekommen wir regelmäßig positive Resonanzen. Sie sind in der Regel froh über die Unterstützung, die ihre Schülerinnen und Schüler von uns bekommen. Unsere Zusammenarbeit fußt auf gegenseitigem Vertrauen und regelmäßigem Austausch. Denn wir möchten unsere Angebote an die Bedarfe jeder Schule anpassen. Das geht nur, wenn wir diese im Austausch mit den Schulen kennenlernen.
Gibt es Hürden, die Ihre Arbeit erschweren?
Eine große Hürde ist die Finanzierung unserer Angebote. Für die von uns angestrebte flächendeckende Skalierung in die Breite benötigen wir vor allem finanzielle Unterstützung. Hier sehen wir auch eine Rolle von Ministerien. Daher haben wir bereits Kontakt zu diversen Ministerien aufgenommen.
Welchen Einfluss hatte die COVID-19-Pandemie auf Ihre Arbeit und wie haben Sie darauf reagiert?
Tausende Kinder und Jugendliche saßen im Frühjahr 2020 plötzlich zu Hause und bearbeiteten Schulaufgaben, die sie von ihrer Schule erhalten hatten. Leider entfielen dadurch Sozialkontakte zu Mitschülerinnen und Mitschülern und auch zu Lehrkräften, die neuen Lernstoff nun nicht mehr grundlegend im Unterricht erklären konnten. Zudem hatten viele Schülerinnen und Schüler zu Hause keinen Zugriff auf PC oder WLAN und konnten möglicherweise durch ihre Erziehungsberechtigten nicht beim Lernen unterstützt werden. Wir sahen die Gefahr, dass für diese Kinder die Schere am Ende der Pandemie noch ein Stückchen weiter auseinandergegangen sein wird. Aus diesem Grund haben wir sehr kurzfristig Lernangebote als Ersatz für unsere vorübergehend nicht mehr durchführbare Lernkaskade entwickelt. Dazu gehört unsere Lernplattform CHANCENcampus und nicht digitale Übungsmaterialien, die den Kindern nach Hause geschickt wurden. Zudem wurde eine Elternhotline für Fragen, Anliegen und Hilfestellungen eingerichtet.