Freiwillige Selbstverpflichtung und Diversität –
Was ist gemeint, und warum ist es wichtig?
Diversität und Stiftungen – Teil 7
Beitrag von Jasmina Al Zihairi und Stefan Dirschl, Charta der Vielfalt
Der Unterschied zwischen der freiwilligen Selbstverpflichtung, die durch den Charta der Vielfalt e.V. umgesetzt wird, und anderen Instrumenten (zum Beispiel Selbstregulierung oder Selbstzensur) liegt im Verzicht auf eine allgemeingültige, gesetzliche Regulierung.
Die freiwillige Selbstverpflichtung versteht sich als Instrument, das zur Erreichung von organisationsspezifischen Zielen beiträgt. Das bedeutet, dass anstelle von ordnungsrechtlichen Lösungen in Eigenverantwortung bestimmte Ziele mit einer Verhandlungslösung, auf Basis von Verträgen bzw. Abkommen oder von rechtlich unverbindlichen Absprachen, angestrebt werden(1). Vorrangig bekannt im Umweltbereich, verpflichten sich Institutionen und Unternehmen hierbei auf ein konkretes Ziel und legen fest, wie der Nachweis über die Einhaltung der Verpflichtung geführt werden soll.
Durch die Unterzeichnung der Charta der Vielfalt legen Institutionen und Unternehmen freiwillig ein Augenmerk auf die Förderung einer vielfältigen Belegschaft. Es werden selbstformulierte Ziele gesetzt, eine Strategie zur Erreichung der Ziele entwickelt und diese sowohl nach außen als auch nach innen kommuniziert. Das schafft Transparenz, Vertrauen und ein positives Leitbild. Das bedeutet: Arbeitnehmende können sich in Zukunft auf die gesetzten Ziele berufen, während Führungskräfte eine Verhaltensleitlinie haben, über die sie eine entsprechende Organisationskultur aufbauen können. Wiederum ist es anderen Organisationen im Idealfall möglich, sich die gelebten Erfolgsgeschichten zum Vorbild zu nehmen.
Und warum ist das gerade für Stiftungen wichtig? Stiftungen, privat oder öffentlich, fungieren als treibende Kraft hinter gesellschaftlichen Entwicklungen und wirken als Vorbilder. Die Schwerpunkte kulturelle Vielfalt, Integration, Anti-Diskriminierung und interkultureller Dialog bilden dabei nur einen kleinen Teil ihrer Arbeit. Umso wichtiger ist es, die Vielfalt auch in den eigenen Reihen zu erkennen und alle Mitarbeiter_innen unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtlicher Identität, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung und sozialer Herkunft wertzuschätzen. Dabei sind freiwillige Selbstverpflichtungen ein klarer Ausdruck dieser Verantwortung.
(1) vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (zuletzt aufgerufen am 30. Juli 2020)
Diversity Management hat zur Aufgabe, ein Netz zu spannen, das jedes Mitglied unserer Gesellschaft einbindet. Während sich zum Beispiel gewisse Initiativen darauf fokussieren, bereits bestehende Ungleichheiten aufzuzeigen, ist es der Charta der Vielfalt als Arbeitgebenden-Initiative ein Anliegen, einen Schritt davor anzusetzen. So können Strukturen geschaffen werden, die ein vorurteilsfreies und inklusives Arbeitsumfeld ermöglichen. In der Realität sind beide Stoßrichtungen sehr wichtig, um einen erkennbaren Fortschritt zu erreichen.
Dabei ist es wichtig, dass das Management nicht allein von einer oder einem Diversitybeauftragten umgesetzt wird, sondern in die jeweiligen Strukturen der Organisation, auf allen Ebenen, eingebunden ist. Dazu gehört es, organisationsspezifische Ziele zu formulieren, die durch unterstützende Maßnahmen Schritt für Schritt umgesetzt werden. Hierbei können unterstützende Instrumente zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Netzwerken sein, eine Ansprechpartnerin oder ein Ansprechpartner in allen Organisationsbereichen (die sich neben ihrer Haupttätigkeit auch für das Thema Vielfalt einsetzen) oder auch befristet einberufene diverse Teams. Teilweise können auch Monitoringsysteme nützlich sein, um die Entwicklung von Vielfalt nachvollziehbar messbar zu machen.
Drei Faktoren sind hier von besonderer Bedeutung: Kommunikation, Partizipation und Verantwortlichkeit.
Die Charta der Vielfalt: eine Selbstverpflichtung – kein Zertifikat
Mit der Unterschrift der Charta der Vielfalt legen Organisationen den Grundstein für Wandel. Diversity Management ist eine Haltung und geht mit einem Wertewandel einher. Dabei ist die Überzeugung des Charta der Vielfalt e.V., dass ein Wertewandel sich nicht verordnen oder regulieren lässt. Deshalb setzt sie auf die freiwillige Selbstverpflichtung – und damit auf ihre Unterzeichnerinnen und Unterzeichner. Unabhängig von den Gesellschaftsbereichen, in denen sich Stiftungen engagieren, bietet Diversity Management zahlreiche Anknüpfungspunkte.
Website zur Charta der Vielfalt
Jasmina Al Zihairi
Charta der Vielfalt e.V.
Foto: privat
Stephan Dirschl
Charta der Vielfalt e.V.
Foto: Lydia Graggo